Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde, geehrte ZuhörerInnen!
Viele von Ihnen wissen, dass ich aus Oranienburg stamme und über die Hälfte meines Lebens in dieser vom Krieg und vom KZ Sachsenhausen gezeichneten Stadt verbracht habe. Es ist etwa 40 Jahre her. Da bat mich ein sowjetischer Offizier am Bahnhof Oranienburg, ihn zu seiner Garnison zu fahren. Wir hielten außer Sichtweite des KPP, des Kontrollpassierpunktes, und kamen ins Plaudern.
Er fragte mich wie ich das finde, dass so lange nach Kriegsende noch sowjetische Truppen hier stationiert seien. Ich antwortete ihm, dass ich sie zwar lieber in Zivil sähe. Aber ich wisse natürlich auch, warum sie hier seien. Schließlich wären zuerst deutsche Truppen – ohne Einladung – in die SU eingefallen. Und ich sagte ihm, dass ich es gerne sähe, wenn unsere Kinder gemeinsam in die Schule gehen und miteinander und voneinander lernen könnten. Da antwortete er mir; „Das geht nicht, ihr seid unsere Feinde!“ Und setzte sofort hinzu: „Das hätte ich Ihnen nicht sagen dürfen…Aber ich habe etwas zu viel getrunken – morgen ist doch der 7. November!“ Damit war das Gespräch beendet.
Mich hat dieser Satz tief verletzt. Dieser Soldat wollte nicht Feind sein – aber er musste es. Ich hatte einmal zu den Feinden gehört – aber ich war es längst nicht mehr.
Heute früh sah ich wieder die Osterglocken an der Poelchaustraße/Ecke AdK blühen. Sie blühen dort seit mindestens 19 Jahren. Ich erinnere mich noch sehr genau an die Soldaten, die diese Osterglocken bzw. ihre Zwiebeln in die „deutsche“ Erde senkten. Es war ihr Abschiedsgruß 1994. Die „deutsche Erde“ war nicht mehr Feindesland sondern zweite Heimat für viele Offiziers-Familien geworden. Manche blieben sogar hier.
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