Hohe Kosten, der schwierige Zugang zu Reparaturdiensten oder Produktionen, die eine Reparatur verhindern – all das hält uns Verbraucherinnen und Verbraucher davon ab, ein Produkt reparieren zu lassen.
Dies will das Europäische Parlament ändern. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen das Recht auf Reparatur bekommen. Etwa für Geräte wie Waschmaschinen, Staubsauger, Smartphones sowie für Fahrräder auch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist.
Dies trägt zur Reduzierung von Elektroschrott und zur Schonung der natürlichen Ressourcen bei. Außerdem ermöglicht es uns, die Kontrolle über unsere eigenen Geräte zu behalten und unabhängig von Herstellern oder Servicezentren unsere Geräte reparieren zu lassen.
Ein Recht auf Reparatur fördert Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und Verbraucherempowerment. Es trägt dazu bei, den Ressourcenverbrauch einzudämmen und CO2 einzusparen. Für die Produktherstellung bedeutet dies, dass Produkte angesichts wachsender Müllberge möglichst langlebig und recyclingfähig produziert und genutzt werden.
EUROPA – Right of Repair
Im November 2023 hat das Europäische Parlament mit seinem Beschluss über das “Recht auf Reparatur” den ersten Schritt gemacht. Für ein europäisches Gesetz braucht es noch die Zustimmung vom Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission. Darüber wird im so genannten Trilog verhandelt.
“Das Europaparlament beschließt ein Recht auf Reparatur, das reparieren einfacher, schneller und günstiger macht. Verbraucherinnen und Verbraucher können künftig ihren kaputten Staubsauger im Handumdrehen reparieren lassen – beim Hersteller, der zur Reparatur verpflichtet ist, oder bei einer unabhängigen Werkstatt in der Umgebung.”
Und schon Anfang Februar 2024 haben sich der Rat der Europäischen Union, die Europäischen Kommission und das Europäischen Parlament im Trilog geeinigt. Das Recht auf Reparatur wird europäisches Recht.
Im Kern soll das Recht auf Reparatur “die Verpflichtung der Hersteller zur Reparatur ihrer Produkte für einen bestimmten Zeitraum sowie die Priorisierung der Reparatur über Ersatz bei Defekt eines Produktes im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistung” enthalten.
Dies bedeutet, dass die Reparatur von defekten Produkten oder Ersatzteilen zukünftig günstiger, einfacher und schneller sein soll, als eine Neuanschaffung.
Damit dies für uns Verbraucherinnen so unkompliziert wie möglich ist, sieht der Gesetzesvorschlag des Europäischen Parlaments vor, Hersteller in die Verantwortung zu nehmen, indem ein Reparaturservice für ihre Produkte zur Pflicht wird.
Diesem Beschluss des Europäischen Parlaments ging eine Gesetzesinitiative der Europäischen Kommission voraus. Dafür hatten sich die europäischen Grünen lange eingesetzt. Denn das Europäische Parlament darf selbst keine Gesetze vorschlagen. Erst wenn die Europäischen Kommission die Initiative ergreift, beginnt die parlamentarische Debatte.
Der vom Parlament verabschiedete Gesetzesvorschlag geht an einigen Stellen sogar über den Vorschlag der Europäischen Kommission hinaus. Aus Sicht der bündnisgrünen Europa-Abgeordneteten Anna Cavazinni ist damit bereits einiges erreicht:
- Reparatur wird für alle zugänglich und erschwinglich, indem der Zugang zu Ersatzteilen zu einem angemessenen Preis und zu Reparaturanleitungen der Hersteller auch für kleine Repair-Shops um die Ecke und Tüftlerinnen in ihren Garagen garantiert wird. Das Recht auf Reparatur ermöglicht die nachhaltige Wahl für Verbraucherinnen und Verbraucher und ist ein Meilenstein im Übergang zur Kreislaufwirtschaft, die Ressourcen und Klima schont.
- Wir haben uns erfolgreich dafür eingesetzt, dass außerdem Praktiken wie die Serialisierung von Ersatzteilen durch Hersteller unterbunden werden, die einer Reparatur faktisch im Wege stehen. Diese Öffnung des Marktes ist das Ende der unangefochtenen Marktmacht von Apple und Co. Reparatur wird günstiger und zur Norm.
- Damit eine Reparatur sich für Verbraucherinnen und Verbraucher auch lohnt, spricht sich das Europaparlament für eine Verlängerung der Gewährleistung um ein Jahr nach Reparatur aus. Zusammen mit der Möglichkeit, sich direkt an den Hersteller und nicht erst an den Händler zu wenden, ist dieser Anreiz ein großer Gewinn für reparaturwillige Verbraucherinnen und Verbraucher.
- Um nachhaltiges und langlebiges Design der Hersteller anzuregen, hätten wir uns hier gewünscht, die Gewährleistung an die erwartete Lebenszeit eines Produktes anzugleichen. Denn so lohnt sich der Griff an der Ladentheke zu einem etwas teureren Produkt, wenn das gleichzeitig bedeutet, dass die Reparaturkosten bei Defekt länger als zwei Jahre übernommen werden. Leider haben Konservative und Liberale jedoch auf der Bremse gestanden.
- Besonders erfreulich ist aus bündnisgrüner Sicht die Ausweitung der Produkte, die unter die Richtlinie fallen, um Fahrräder und Smartphones und Tablets. Außerdem werden Produkte aufgenommen, sobald die Kommission neue Regeln für sie aufstellt, z. B. im Rahmen der neuen Ökodesignverordnung.Wenn also Vorgaben zur Lebenszeit aufgestellt werden, sollen sie auch unter das Recht auf Reparatur fallen. Je mehr Produkte, desto einfacher für Verbraucher*innen, desto besser für unseren Planeten.
Diese Regelungen sollen für den Hersteller Anreiz sein, Produkte zukünftig reparaturfreundlicher zu designen, wenn er sie selbst reparieren muss.
Das neue europäische Recht schafft zusätzlich noch eine Online-Plattform, auf der die Verbraucherinnen und Verbraucher schnell Reparaturwerkstätten in ihrer Nähe finden können.
Für die spätere Umsetzung werben wir dafür, dass die Mitgliedsstaaten konkrete finanzielle Anreize (z.B. Voucher, Reparaturboni etc.) für Reparaturen schaffen.
Berlin plant den Aufbau eines Netzwerks von Reparaturbetrieben
Das Land Berlin will Abfallströme reduzieren und die Wiederverwendung und die Reparatur von Produkten stärken. Zu dieser “Zero Waste”-Strategie gehört auch das Vorhaben, ein Netzwerk von Reparaturbetrieben mit gesicherten und festliegenden Qualitätskriterien aufzubauen und dauerhaft zu etablieren, das „Netzwerk Qualitätsreparatur“.
Im Rahmen des vom Land Berlin geförderten Projektes sollen der gewerbliche Reparatursektor und nicht gewerbliche Reparatur-Initiativen gestärkt und die Berlinerinnen und Berliner dazu motiviert werden, mehr Produkte zu reparieren oder reparieren zu lassen. Dafür soll u. a. eine digitale Plattform mit einer Übersicht der Berliner Reparaturbetriebe und -initiativen und ihren Leistungen sowie Informationen zum Thema Reparatur entwickelt und umgesetzt werden.
Repair-Cafés in Berlin und Marzahn-Hellsdorf
Repair-Cafés in ganz Berlin ermöglichen, Staubsauger, Handy und Co. vor Ort selbst zu reparieren. Denn oft fehlen nur Einzelteile oder Werkzeuge für eine schnelle Reparatur. Hier eine Liste solcher Reparaturwerkstätten:
In Marzahn-Hellersdorf sind uns aktuell keine Repair-Cafés bekannt. Es gab aber immer mal wieder entsprechende Angebote bspw. im Bürgergarten “Helle Oase” im Jahr 2022 oder im Stadtteilzentrum Kompass.
Welche Rolle spielt die Bundesregierung bei der europäischen Gesetzgebung?
Bereits 2020 hatten Bündnis 90/ Die Grünen einen Antrag in den Bundestag eingebracht, der die Bundesregierung zum Handeln aufforderte, ein Recht auf Reparatur zu schaffen. In diesem Zuge hielt die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag 2021-2025 die Vereinbarung fest: “Die Lebensdauer und die Reparierbarkeit eines Produktes machen wir zum erkennbaren Merkmal der Produkteigenschaft (Recht auf Reparatur).”
Bündnis 90/Die Grünen erwarten nun von der Bundesregierung, die Deutschland im Rat der Europäischen Union vertritt, das europäische Recht auf Reparatur zu unterstützen.
Bündnis 90/Die Grünen wollen ein Recht auf Gewährleistung für die ganze Lebenszeit eines Produktes
Für Anna Cavazzini (Mitglied des Europäischen Parlaments) ist das Vorhaben ein “Meilenstein im Übergang zur Kreislaufwirtschaft, die Ressourcen und Klima schont”.
Doch sie setzt sich schon für einen nächsten Schritt ein: “Wir brauchen ein echtes, umfassendes Recht auf Reparatur!” Dazu gehört, die Gewährleistung an die Lebenszeit des Produktes anzupassen.
Wie Umfragen zeigen, wollen dies auch eine Mehrheit der Verbraucher*innen, die ihre Produkte lieber reparieren lassen, würden anstatt neue zu kaufen.
Hören Sie hier zum Thema ein Interview im Deutschlandfunk mit Anna Cavazzini
» https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/elektroger%C3%A4te-reparieren-leichter-gemacht
Verwandte Artikel
Nicht an Mitteln gegen häusliche Gewalt sparen!
weiterlesen »
Weiterlesen »
Ute Bonde warnt vor den Folgen eines Planungsstopps für die Verkehrslösung Mahlsdorf
Zum gestrigen Bürgerdialog zur Verkehrslösung Mahlsdorf erklären Maren Tepper, Bundestagskandidatin für Marzahn-Hellersdorf, und Stefan Ziller, Abgeordneter für Mahlsdorf und Kaulsdorf:
Bündnis 90/Die Grünen begrüßen die klaren Worte von Verkehrssenatorin Ute Bonde im Bürgerdialog in Mahlsdorf zur Verkehrslösung Mahlsdorf. Die von BVG und Senat geplante Verkehrslösung Mahlsdorf mit dem Ausbau der Tram in der Hönower Straße und einer neuen Verkehrsführung für den Autoverkehr ist objektiv die beste der geprüften Varianten. Im Bürgerdialog erklärte die Verkehrssenatorin dem Publikum, dass die Prüfungen anhand objektiver Kriterien erfolgt sind. Diese Kriterien sind Bundesrecht und ändern sich nicht, egal ob in Berlin Bündnis 90/Die Grünen oder die CDU die Verkehrsverwaltung führen. Eine erneute Prüfung würde zu dem gleichen Ergebnis führen. weiterlesen »
Weiterlesen »
Bündnis 90/Die Grünen Marzahn-Hellersdorf erschüttert über Tötungsdelikt in Marzahn
Der Kreisverband und die BVV-Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen Marzahn-Hellersdorf zeigen sich zutiefst bestürzt über das Tötungsdelikt, bei dem am Sonntag eine Frau und zwei Kinder tot in Marzahn aufgefunden wurden. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei laufen auf Hochtouren, während der mutmaßliche Täter, der Lebensgefährte der getöteten Frau, laut Mitteilungen von Polizei und Staatsanwaltschaft am Dienstag in Baden-Württemberg festgenommen wurde. weiterlesen »
Weiterlesen »