Demokratieentwicklung in Marzahn-Hellersdorf

Das Thema Demokratieentwicklung war Schwerpunkt der Sitzung von Bündnis 90/Die Grünen Marzahn-Hellersdorf am 06.11.2017. Zu Gast war Raiko Hannemann, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Forschungsprojekts “Demokratiefeindliche Einstellungen in einer Kommune. Das Beispiel Marzahn-Hellersdorf“ der Alice Salomon Hochschule. Er stellte das Forschungsprojekt, dessen Forschungsansatz und die ersten Ergebnisse aus dem Zwischenbericht des Projekts vor. Untersucht werden demnach die Beweggründe, warum sich Bürger*innen vom demokratischen Gemeinwesen abwenden. Der vorgestellte Zwischenbericht zeigt die ersten Ergebnisse sowie detailliertes und methodisches Vorgehen sowie den empirisch-theoretischen Ansatz.

Um das Verhältnis von Bürger*innen zur Demokratie untersuchen zu können, müsse zunächst klar sein, was unter Demokratie zu verstehen sei. In der theoretischen Analyse des Projekts wurden daher vier Dimensionen von Demokratie zu Grunde gelegt. Wie bereits die „Mitte“-Studie der Universität Leipzig zeige, sei das heutige Problem weniger ein allgemeiner Anstieg rechter Einstellungen, als eine Radikalisierung des vorhandenen rechten Milieus.

In der anschließenden engagierten Diskussion wurden Gründe für die Demokratiekrise erörtert. Die Lebensrealitäten, in Ost mehr als in West, seien gezeichnet von einem Verlust von Orientierungen. Die zunehmende Entfesselung der Arbeitswelt und die undemokratischen wie ungerechten Strukturen der Wirtschaft verstärken die Entfremdung. Hohe Arbeitslosigkeit und soziale Unsicherheit seien ein Grund für Orientierungslosigkeit und Suche nach Alternativen. Gesellschaftliches Engagement in den Alltag zu integrieren, bedarf der entsprechenden Räume und Bedingungen, der Ermutigung und Unterstützung, der kommunalen Angebote.

In der Diskussion wurde auch deutlich, dass die Transformationsprozesse in der DDR und die „rätselhafte Stabilität“ der DDR sowie deren Auswirkungen auf die gegenwärtigen Lebensverhältnisse gerade auch in Ostdeutschland nicht genügend erforscht sind. Beispielsweise hat sich die Anzahl der weiblichen Beschäftigen von 92% nach der Wende in der DDR auf heute noch 56 % verringert. Auch mehr als 25 Jahre nach der Wiedervereinigung sind Ostdeutsche in Führungspositionen noch immer stark unterrepräsentiert. Lediglich etwa 20 Prozent der Führungskräfte in Ostdeutschland stammen auch aus dem Osten, wie eine exklusive Studie der Universität Leipzig im Auftrag des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) ergab. Fehlendes ziviles Engagement habe dazu auch eine historische Dimension. So sei der zivilgesellschaftliche Widerstand gegen die Regierung im Osten gering gewesen. Dafür habe es gut funktionierende zivilgesellschaftliche Nachbarschaftshilfe gegeben. Diese Möglichkeiten der DDR seien nicht übernommen worden und seien auch heute noch nicht erforscht.

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